10. März 2024

Liebe Sammlerinnen und Sammler,

wieder ist ein Jahr vergangen, ohne dass sich jemand bemüht hätte, mit ein paar Zeilen die Rubrik zu bereichern. Dazu möchte ich anmerken, dass es sich hier nicht um eine Chronik im Sinne des Wortes handelt, sondern vielmehr eine spontane Zusammenfassung der Ereignisse und rückblickend über die Taten und Verdienste der Pioniere und deren Nachfolger zu erzählen. Auch sehe ich mich nicht als Chronist, sondern fühle mich verpflichtet, Wissenswertes und Interessantes vor dem Vergessen zu bewahren.

Und immer, „immer wieder geht die Sonne auf“, so lautet der Refrain eines schönen Liedes, und was könnte besser in diese Jahreszeit passen als Sonnenschein. Wenn ich jeden Morgen feststelle, wie schnell sie sich wieder dem Wendepunkt nähert, so wird mir einmal mehr bewusst, wie kurzlebig die Gegenwart ist, denn „heute ist morgen schon gestern“.

Auch wenn der Winter noch nicht endgültig vorbei ist, lässt sich die Natur nicht aufhalten und da und dort sieht man schon die ersten blühenden Sträucher und Bäume. Und so lassen auch wir wiederum ein Jahr hinter uns und hoffen, es möge nicht schlechter werden als das Vergangene und daher wollen wir mit Optimismus, guten Wünschen und voller Tatendrang in die neue Sammelsaison starten. Indem wir nun zuversichtlich in die Zukunft eilen, sollten wir vielleicht noch kurz auf das vergangene Jahr zurückblicken, das nicht für jeden gleich gut verlaufen sein mag. So mancher hat die irdische Bühne verlassen, andere wiederum haben sich aus Altersgründen zurückgezogen oder gar das Sammeln aufgegeben. Letzteres ist nicht neu, hat sich doch so Vieles verändert, angefangen von den Fundmöglichkeiten, den vielen Verboten und Einschränkungen, dem mangelndem Nachwuchs und nicht zuletzt dem Überangebot an Mineralien aus aller Welt, wo so Mancher den bequemen Handel einer doch anstrengender Exkursion vorzieht. Dass sich dies auch in den Vereinen auswirkt, ist deutlich erkennbar. Auch das Verhalten der Sammler untereinander hat sich geändert, da durch die heutige Mobilität jeder allein zurechtkommt und die Verständigung häufig nur noch über die Medien geführt wird. Dass das nicht immer so war, dazu müssen wir wieder einen Blick in die Vergangenheit werfen.

Es waren die frühen 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Ausgehend von einer kleinen Gruppe von Sammlern und einem rührigen Franziskanerpater wurde durch Vorträge und Ausstellungen Neugierde und Interesse geweckt, sodass innert kurzer Zeit ein allgemeines Sammelfieber ausbrach. Mineraliensammeln war plötzlich IN, alle strömten in die Berge, einzeln und in Gruppen, Freundschaften entstanden, und nicht nur, oft auch nur der Zweckmäßigkeit halber, hatte doch nicht jeder einen fahrbaren Untersatz. Dass es dabei zu Unstimmigkeiten kam, blieb nicht aus, Geheimnistuerei und Falschinformationen förderten eigentlich nur das Interesse. Und trotz allem sickerten Berichte über Neufunde und Fundstellen alsbald durch und machten schnell die Runde, und wie so oft spielte auch hier der Zufall eine Rolle. Wie auch in meinem Fall, den ich nun erzählen möchte …

Ende der sechziger Jahre verging kein Tag, an dem nicht eine Nachricht die Runde machte, auch wenn noch nicht jeder ein Telefon besaß. Und so kursierten Gerüchte, dass es in der Valsugana in einem Bergwerk schöne blaue Fluorite geben soll. Und tatsächlich, bei Max A. an der Tankstelle wurde ich fündig. Aber alle Versuche, auch nur einen Anhaltspunkt von der Fundstelle zu erfahren, waren vergeblich. Und wieder einmal sollte der Zufall eine Rolle spielen.

Es war Samstagabend, als wir, Siegfried S., Bruno H. und ich im Schutz der Dunkelheit in Vignola in den Stollen schlichen. Die Nacht ist im Sommer bekanntlich kurz und vor Tagesanbruch machten wir uns auf, um das Gelände rechtzeitig zu verlassen. Da es Sonntag war, bestand Bruno darauf, nach Vetriolo zu fahren auf einen Kaffee. Die Bar an dem alten Lift hatte schon auf. Wir in den dreckigen Klamotten fielen natürlich auf und so empfing uns der Wirt mit den Worten „a i canoppi, siete sta a sinque vai“ (a ihr Knappen, wart ihr in Cinqevalli), no no, a Vignola. Als wir danach aus der Bar traten, hielt Siegfried inne und meinte, er hätte den Namen Ciquevalli schon mal gehört. Also zurück in die Bar und den Wirt befragt, wo diese ominöse Stelle sei. Ja, gleich 50 Meter weiter links den Waldweg, ist aber noch im Bau, weit kommt ihr nicht mit dem Auto. Also das wollten wir nun genau wissen und nach kurzer Fahrt und einer halben Gehstunde gaben wir auf. Aber immerhin ein Anhaltspunkt und da mich die Sache nicht mehr losließ, fuhr ich gemeinsam mit Walter P. bereits am nächsten Tag neuerdings nach Vetriolo. Nach stundenlangem Herumirren stießen wir tatsächlich auf die richtige Spur. Unsere Begeisterung hielt sich allerdings in Grenzen, da es zwar Spuren von blauem Fluorit gab, aber vielversprechend sah die Stelle nicht aus. Mit einigen Belegstücken traten wir alsbald den Heimweg an, trotzdem freuten wir uns der Sache auf die Spur gekommen zu sein. Zuhause bei der Sichtung der Belegstücke fiel mir ein Stück Quarz mit einem grünen Belag auf, das sich, wie ich gleich anfangs vermutete, als Pyromorphit herausstellen sollte. Die darauf folgenden Besuche der Stelle waren der Auftakt für meine besten Funde und der erste Fund dieses Minerals für die Region.

Noch einen Nachschlag zum Schmunzeln:

Die Fundstelle beim alten Bergwerk am Thingerhof auf Roveda war schon seit längerer Zeit bekannt und auch besucht. Das Stollenmundloch war ursprünglich zugemauert und nun aufgebrochen, der Stollen ungefähr 80 Meter tief und auf halber Strecke eingebrochen und nur ein Balken führte über das tiefe Loch. Meistens ließen die Sammler ihre Rucksäcke außerhalb liegen und kamen zur Brotzeit nach draußen. Allerdings soll des Öfteren vorgekommen sein, dass der Hund des Hofes die Rucksäcke geplündert hat. Derart gewarnt nahmen wir unser Gepäck mit in den Stollen und zur Brotzeit hockten wir uns hin und im fahlen Schein unserer Carbidlampen war es fast romantisch. Als plötzlich ein durchdringendes Geheul zu hören war. Der Schreck fuhr uns in die Glieder und als wir verdutzt in Richtung Ausgang schauten, war im hellen Eingang eine dunkle Gestalt zu sehen und im Schein unserer Lampen blinken zwei feuerrote Augen. Es dauerte, bis wir begriffen, dass es der Hund war, der unser Wurstbrot gewittert hatte und der Balken sein Hindernis war.

„Glück Auf“

Georg Unterrainer