8. September 2024
Abschied vom Sommer
Am 24. August, am Tag der hl Bartholomäus sagt eine alte Bauernregel:“ Zu Barthlmäh schaut der Schnee übers Joch he“, das soll heißen, der Winter meldet sich schon mal vorsichtig, manchmal jedoch stürmisch an. Dass in diesem Jahr nix daraus geworden ist verdanken wir einem überaus heißen August. Nun sind wir bereits im September und man merkt schon deutlich wie weit wir uns von der Sonnwende entfernt haben. Auch wenn nun die Tage kürzer werden so bietet diese Jahreszeit die besten Verhältnisse zum Sammeln im Hochgebirge, auch aufgrund der stabileren Witterung und der günstigen Schneelage auf den Gletschern. Allerdings kann sich das schnell ändern, unabhängig von den Bauernregeln. Wer jetzt Zeit hat zum Sammeln kann sich glücklich schätzen.
Dass selbst nach Jahrzehnten Sammeltätigkeit das Sammelfieber nicht erloschen ist macht die Sache nicht einfacher, wenn einem die Partner abhanden gekommen sind. Es liegt in der Natur dass nicht jeder ein hohes Alter erreicht und man (fast) allein zurück bleibt. Wenn man dazu noch den Anschluss an die nächste Generation verliert wird es schon mal leiser als gewünscht. Aber was bleibt sind die Erinnerungen an schöne Funde und so manche Begebenheit wird im Gedanken zu einem neuen Erlebnis.
Dass Mineraliensammeln nicht nur ein Erlebnis sondern auch ein Abenteuer sein kann ist nichts Neues, häufig genug mit tragischem Ausgang. Jedenfalls gefährlich wenn man zu leichtsinnig ist und jeder, der in den Bergen unterwegs war hat sicher schon mal mit den Gefahren Bekanntschaft gemacht. Und von einem solchen „Abenteuer“ der besonderen Art möchte ich nun berichten:
Es war wohl vor nunmehr drei Jahrzehnten als ich mit meiner Frau in Vignola unterwegs war. Es war Jänner und da es auf den Halden noch schattig war wollten wir inzwischen noch auf Compet nach dem Rechten sehen. Man konnte mit dem Auto direkt bis zum Fundort gelangen und der Stollen liegt keine 100 Meter oberhalb des Weges in einer niedrigen Felswand. Zu unserer Überraschung war die ganze Felswand vereist und wir erreichten nur mit Mühe den Stolleneingang. Es war schon gegen Mittag und da wir nicht lange bleiben wollten nahmen wir nur das Werkzeug mit, nicht aber die Brotzeit. Dass sich das rächen sollte konnten wir nicht ahnen, stellte sich aber schnell heraus. Im Stollen selbst war es angenehm warm und bei der Arbeit verging die Zeit im Flug. Als man von draußen verdächtige Geräusche hörte meinte meine Frau dass wir Besuch bekämen, doch nichts dergleichen geschah. Hingegen hielt das Poltern an und als uns die Neugier nach draußen führte sahen wir die Bescherung. Mittlerweile ist es später geworden und die Sonneneinstrahlung hat nun die Felswand erreicht und durch die Wärme kam Bewegung in die Vereisung. Ununterbrochen prasselten Eisbrocken aus der Wand und versperrten uns den Weg nach draußen und das sollte ganze 2 Stunden dauern. Dass unsere Brotzeit im Auto verblieben ist war nur der ärgerlichste Teil unseres nicht eingeplanten Aufenthalts. Als endlich der Spuk nachließ und wir unser Verließ schadlos, wenn auch ziemlich feucht verlassen konnten war erstmal Mittagspause angesagt ehe wir uns, mit einem Erlebnis reicher, auf dem Heimweg machten.
Nachschlag:
Ein anderes, weniger amüsantes Erlebnis zeigt wie schnell ein schöner Ausflug zum Abenteuer werden kann.
Es war in den sechziger Jahren, als Luis, mein Langzeit Sammelpartner von einer Sammeltour im Ahrntal eine schöne Bergkristallstufe mitbrachte, die er so im Vorbeigehen gefunden haben will. (?) Grund genug um eine neue Tour zu planen. Es war schon September als wir, Luis und sein Bruder Karl, Bruno und ich zu der Tour aufbrachen, ausgehend von St.Johann mit Ziel Trippbachtal. Der Gegend unkundig stiegen wir im Talgrund aufwärts, links und rechts ausschweifend was viel Zeit kostete, da man achten musste sich nicht aus den Augen zu verlieren. So kamen wir erst am frühen Nachmittag über der Waldgrenze in den Bereich des Gletschers unterhalb der Schwarzensteinspitze. Die Zeit verging im Flug und da es Zeit zur Umkehr wurde verständigten wir uns mit Rufen, dem alle Folge leisteten bis auf Luis. Mit dem Fernglas suchte ich nun das Gelände ab und entdeckte ihn weit ab in Richtung Schwarzenstein. Er schien uns zu hören da er zum Nachkommen winkte und weiter aufstieg. Das war nun nicht mehr lustig da es bereits später Nachmittag wurde, zudem zog schon leichter Nebel auf und es begann zu nieseln. Also folgte ich ihm als erster und erreichte ihn in einer steilen Scharte, die über den Kamm unterhalb der Schwarzensteinspitze verlief wo wir auf die anderen warteten. Gerade noch rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit konnten wir auf der anderen Seite absteigen wo wir auf den Steig stießen, der zur Schwarzensteinhütte führt. Nun nix wie bergab und im Nebel war die Sicht ausreichend, was sich bei Erreichen der Waldgrenze schnell änderte. Vorbei an der alten Daimer Schutzhütte, die unbewohnt war, wurde es stockdunkel und mehr der Schwerkraft folgend stolperten wir abwärts. Luis und ich gingen voraus und in einer Kehre, die nahe an den Bach führt, wollte ich mir darin die Hände waschen und merkte nicht wie Luis mir folgte und über den Bach stieg. Ich ging also ahnungslos weiter und als ich auf die beiden anderen traf, die uns inzwischen überholten, meinten diese, Luis wäre wohl voraus. Ich beeilte mich also um ihn einzuholen und als ich kurz stehen blieb, glaubte ich Rufe zu hören. Da der Weg nun weitab vom Bach verlief hörte man das Rauschen des Wassers nicht mehr und tatsächlich hörte man nun deutlich Hilferufe. Ich eilte nun so schnell ich konnte zurück und mit Hilfe einer kleinen Lampe, die Bruno als Arzt als Lupe bei sich trug erreichte ich die Stelle die über den Bach führte. Wenn es nicht so ernst gewesen wäre könnte man darüber lachen aber Luis fand es gar nicht lustig. Er stand nämlich in seinem Wettermantel gehüllt, auf einer überhöhten Insel, auf allen Seiten vom rauschenden Bach eingekreist. So wie er dahin gekommen war fand er nicht mehr zurück und so versuchte er mit Rufen auf sich aufmerksam zu machen, was im Rauschen des Baches unterging. Erst nach genügend Abstand vom Bach war nun sein Rufen zu hören. Erleichtert folgten wir nun den Anderen und nach diesem Zwischenfall erreichten wir dann endlich die ersten Höfe und kamen nun zügig nach Luttach. Mittlerweile war es spät geworden und da unser Auto in St.Johann stand wurde ich per Taxi dorthin geschickt um es zu holen. Auf der Heimfahrt wurde nicht viel geredet, irgendwie hielt sich die Freude über den guten Ausgang und dem Ärger die Waage.
„Glück Auf“
Georg Unterrainer
10. März 2024
Liebe Sammlerinnen und Sammler,
wieder ist ein Jahr vergangen, ohne dass sich jemand bemüht hätte, mit ein paar Zeilen die Rubrik zu bereichern. Dazu möchte ich anmerken, dass es sich hier nicht um eine Chronik im Sinne des Wortes handelt, sondern vielmehr eine spontane Zusammenfassung der Ereignisse und rückblickend über die Taten und Verdienste der Pioniere und deren Nachfolger zu erzählen. Auch sehe ich mich nicht als Chronist, sondern fühle mich verpflichtet, Wissenswertes und Interessantes vor dem Vergessen zu bewahren.
Und immer, „immer wieder geht die Sonne auf“, so lautet der Refrain eines schönen Liedes, und was könnte besser in diese Jahreszeit passen als Sonnenschein. Wenn ich jeden Morgen feststelle, wie schnell sie sich wieder dem Wendepunkt nähert, so wird mir einmal mehr bewusst, wie kurzlebig die Gegenwart ist, denn „heute ist morgen schon gestern“.
Auch wenn der Winter noch nicht endgültig vorbei ist, lässt sich die Natur nicht aufhalten und da und dort sieht man schon die ersten blühenden Sträucher und Bäume. Und so lassen auch wir wiederum ein Jahr hinter uns und hoffen, es möge nicht schlechter werden als das Vergangene und daher wollen wir mit Optimismus, guten Wünschen und voller Tatendrang in die neue Sammelsaison starten. Indem wir nun zuversichtlich in die Zukunft eilen, sollten wir vielleicht noch kurz auf das vergangene Jahr zurückblicken, das nicht für jeden gleich gut verlaufen sein mag. So mancher hat die irdische Bühne verlassen, andere wiederum haben sich aus Altersgründen zurückgezogen oder gar das Sammeln aufgegeben. Letzteres ist nicht neu, hat sich doch so Vieles verändert, angefangen von den Fundmöglichkeiten, den vielen Verboten und Einschränkungen, dem mangelndem Nachwuchs und nicht zuletzt dem Überangebot an Mineralien aus aller Welt, wo so Mancher den bequemen Handel einer doch anstrengender Exkursion vorzieht. Dass sich dies auch in den Vereinen auswirkt, ist deutlich erkennbar. Auch das Verhalten der Sammler untereinander hat sich geändert, da durch die heutige Mobilität jeder allein zurechtkommt und die Verständigung häufig nur noch über die Medien geführt wird. Dass das nicht immer so war, dazu müssen wir wieder einen Blick in die Vergangenheit werfen.
Es waren die frühen 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Ausgehend von einer kleinen Gruppe von Sammlern und einem rührigen Franziskanerpater wurde durch Vorträge und Ausstellungen Neugierde und Interesse geweckt, sodass innert kurzer Zeit ein allgemeines Sammelfieber ausbrach. Mineraliensammeln war plötzlich IN, alle strömten in die Berge, einzeln und in Gruppen, Freundschaften entstanden, und nicht nur, oft auch nur der Zweckmäßigkeit halber, hatte doch nicht jeder einen fahrbaren Untersatz. Dass es dabei zu Unstimmigkeiten kam, blieb nicht aus, Geheimnistuerei und Falschinformationen förderten eigentlich nur das Interesse. Und trotz allem sickerten Berichte über Neufunde und Fundstellen alsbald durch und machten schnell die Runde, und wie so oft spielte auch hier der Zufall eine Rolle. Wie auch in meinem Fall, den ich nun erzählen möchte …
Ende der sechziger Jahre verging kein Tag, an dem nicht eine Nachricht die Runde machte, auch wenn noch nicht jeder ein Telefon besaß. Und so kursierten Gerüchte, dass es in der Valsugana in einem Bergwerk schöne blaue Fluorite geben soll. Und tatsächlich, bei Max A. an der Tankstelle wurde ich fündig. Aber alle Versuche, auch nur einen Anhaltspunkt von der Fundstelle zu erfahren, waren vergeblich. Und wieder einmal sollte der Zufall eine Rolle spielen.
Es war Samstagabend, als wir, Siegfried S., Bruno H. und ich im Schutz der Dunkelheit in Vignola in den Stollen schlichen. Die Nacht ist im Sommer bekanntlich kurz und vor Tagesanbruch machten wir uns auf, um das Gelände rechtzeitig zu verlassen. Da es Sonntag war, bestand Bruno darauf, nach Vetriolo zu fahren auf einen Kaffee. Die Bar an dem alten Lift hatte schon auf. Wir in den dreckigen Klamotten fielen natürlich auf und so empfing uns der Wirt mit den Worten „a i canoppi, siete sta a sinque vai“ (a ihr Knappen, wart ihr in Cinqevalli), no no, a Vignola. Als wir danach aus der Bar traten, hielt Siegfried inne und meinte, er hätte den Namen Ciquevalli schon mal gehört. Also zurück in die Bar und den Wirt befragt, wo diese ominöse Stelle sei. Ja, gleich 50 Meter weiter links den Waldweg, ist aber noch im Bau, weit kommt ihr nicht mit dem Auto. Also das wollten wir nun genau wissen und nach kurzer Fahrt und einer halben Gehstunde gaben wir auf. Aber immerhin ein Anhaltspunkt und da mich die Sache nicht mehr losließ, fuhr ich gemeinsam mit Walter P. bereits am nächsten Tag neuerdings nach Vetriolo. Nach stundenlangem Herumirren stießen wir tatsächlich auf die richtige Spur. Unsere Begeisterung hielt sich allerdings in Grenzen, da es zwar Spuren von blauem Fluorit gab, aber vielversprechend sah die Stelle nicht aus. Mit einigen Belegstücken traten wir alsbald den Heimweg an, trotzdem freuten wir uns der Sache auf die Spur gekommen zu sein. Zuhause bei der Sichtung der Belegstücke fiel mir ein Stück Quarz mit einem grünen Belag auf, das sich, wie ich gleich anfangs vermutete, als Pyromorphit herausstellen sollte. Die darauf folgenden Besuche der Stelle waren der Auftakt für meine besten Funde und der erste Fund dieses Minerals für die Region.
Noch einen Nachschlag zum Schmunzeln:
Die Fundstelle beim alten Bergwerk am Thingerhof auf Roveda war schon seit längerer Zeit bekannt und auch besucht. Das Stollenmundloch war ursprünglich zugemauert und nun aufgebrochen, der Stollen ungefähr 80 Meter tief und auf halber Strecke eingebrochen und nur ein Balken führte über das tiefe Loch. Meistens ließen die Sammler ihre Rucksäcke außerhalb liegen und kamen zur Brotzeit nach draußen. Allerdings soll des Öfteren vorgekommen sein, dass der Hund des Hofes die Rucksäcke geplündert hat. Derart gewarnt nahmen wir unser Gepäck mit in den Stollen und zur Brotzeit hockten wir uns hin und im fahlen Schein unserer Carbidlampen war es fast romantisch. Als plötzlich ein durchdringendes Geheul zu hören war. Der Schreck fuhr uns in die Glieder und als wir verdutzt in Richtung Ausgang schauten, war im hellen Eingang eine dunkle Gestalt zu sehen und im Schein unserer Lampen blinken zwei feuerrote Augen. Es dauerte, bis wir begriffen, dass es der Hund war, der unser Wurstbrot gewittert hatte und der Balken sein Hindernis war.
„Glück Auf“
Georg Unterrainer